MK-Ehrenmitglied Karl Spielmann erzählt – Interview aus dem „Musigblattl“ von 1997

MK-Ehrenmitglied Karl Spielmann
MK-Ehrenmitglied Karl Spielmann

MB: Karl. Du erinnerst Dich sicher, wie nach dem Krieg alles wieder angefangen hat?

Karl Spielmann: Ja, so als wäre es gestern gewesen. Auf dem Kirchplatz in Untermieming hat der damalige Bürgermeister Josef Sonnweber nach der Messe zur Neugründung der Musikkapelle Mieming aufgerufen. Wer mitmachen wolle, soll sich melden. Ich meldete mich zusammen mit meinen Kollegen Willi Thaler, Robert Scharmer, Herbert Maurer und Paul Larcher und so traten wir der Musikkapelle bei. Kapellmeister der ersten Stunde war damals Fritz Fischer. Nach der ersten Besprechung galt es, das Problem der lnstrumentenanschaffung zu lösen. Die alten Instrumente waren in den Kriegswirren zerstört worden bzw. waren nicht mehr auffindbar. Fritz Fischer machte den Vorschlag, daß die Bauern, die Butter, Schmalz, Speck usw. herstellten, diese Lebensmittel gegen Instrumente eintauschen könnten, der ,,Tutz“ in Innsbruck, übrigens war er ein guter Freund von Fritz Fischer, würde diesen Handel machen. Gesagt getan, so war allen geholfen. Die Bauern konnten wieder einmal ihren Beitrag leisten, und der Instrumentenmacher Tutz hatte wieder Lebensmittel, was damals nicht so selbstverständlich war. Die Ausbildung der Musikanten übernahm Fritz Fischer. Mein Instrument war die Trompete, mein Stimmkollege war damals der Willi Thaler. Geprobt haben wir bei uns in der Schmitte. Später habe ich zur Posaune gewechselt, diese habe ich bis zum Jahre 1990 gespielt.

MB: Weißt du noch, wie es beim 1. Ausrücken zugegangen ist?

Karl Spielmann: Das 1. Ausrücken der MK Mieming war bei einer Friedenskundgebung im Herbst in lnnsbruck. Wir mußten in Stams in den Zug einsteigen und nach lnnsbruck fahren. Das war eine kuriose Angelegenheit. Wir konnten kein einziges Stück spielen. Tapfer marschierten wir ein langes Stück, die Schlagzeuger machten den Takt und auch die Musik. Die Zuschauer haben uns immer gefragt, wann wir denn endlich spielen würden. „Wir haben gerade aufgehört und können nicht pausenlos weiterspielen!“ Da waren auch schon wieder andere Zuschauer da, Gott sei Dank. Auf die Frage der Zuschauer, woher wir denn seien, antwortete Konrad’n Hans (Johann Scharmer) standardmäßig: Eine Stunde hinter Bozen! Damit war alles erledigt.

Schleunigst lernten wir einige Märsche, der 1.Marsch war der ,,47er Regimentsmarsch“, damit uns das nicht noch einmal passiert. Trotz aller widrigen Umstände in der damaligen Zeit haben wir alle mit Feuereifer gelernt und mit viel Freude an der Musik viele Strapazen auf uns genommen.

Da fäIIt mir noch eine Anekdote em. Es war in der Fasnacht des Jahres 1950. Beim Umzug saßen wir auf einem umgebauten Anhänger mit hohen Wänden und ausgeschnittenen Fenstern. Lukasser Kasper ( Kaspar Spielmann) lenkte den Zugtraktor. Toni Holzeis, mein späterer Schwiegervater, heute ist er mit 82 der älteste aktive Musikant, trug eine schwarze Pelzmütze und rief vom Dach des Anhängers immer seinen Spruch in die Zuschauer: Zittere, ich bin der mächtige König Herodes, in meinem Reich werden alle Schwiegermütter verbrannt! Als wir beim Wegmacher ( Kraxner) um die Kurve fuhren, ist der Kaspar mit dem Fuhrwerk ins Schleudern gekommen. Der Anhänger kippte auf die Straße. Der Toni Holzeis ist in der Baßtuba gesteckt und hat seinen Kopf nur mehr mit Mühe herausgebracht. Trotz einiger kleinerer Verletzungen war nach dem ersten Schreck das Gelächter groß, man hat alles mit Humor genommen. Dank der Gendarmen Kugler Toni und Scheiber Toni, beide haben sehr menschlich gehandelt, kam es zu keiner Anzeige. Die Proben für das Neujahrsblasen wurden beim Konrad’n Johann abgehalten. Anschließend machten wir öfter das Tischlruck’n. Der Wircher (Heinrich Plattner) war immer ganz ergriffen, er konnte nicht verstehen, warum der Tisch sich plötzlich auf einer Ecke nach oben bewegte. Daß der Sepp’n Franz ( Franz Frauenhofer), und der ,,Hiaseler“ (Raich Karl) immer nachgeholfen haben, blieb lange Zeit ein Geheimnis.

MB: Was habt ihr damals gespielt?

Karl Spielmann: Das Niveau der MK Mieming war mittlerweile sehr gut geworden. Wir spielten z.B. den „Kalif von Bagdad“, wo Toni Krug das Klarinettensolo spielte, oder ,,Orpheus in der Unterwelt“, eine anspruchsvolle und relativ schwierige Ouvertüre. Bei einem Wertungsspiel in Haiming, Mieming gehörte damals noch zum Musikbezirk Silz, erhielten wir sogar eine Auszeichnung. In der Pfarrkirche in Untermieming spielten wir Messen im Quartett, Franz Frauenhofer, Robert Weber, Franzl Larcher und ich. Pfarrer Schütz hat sogar Instrumente mit tiefer Stimmung angeschafft, so gut hat ihm das gefallen. Trotz alter Gaudi und allem ,,Fuhrwerk“ kam die Musik nie zu kurz.

MB: Wie siehst Du die Musikkapelle heute?

Karl Spielmann: Die Musikkapelle hat nach wie vor einen hohen Stellenwert. Sie ist der Kulturträger Nummer 1 vor allem in den Landgemeinden. Umsonst hat die MK Mieming nicht nach dem Krieg ununterbrochen 52 Jahre überstanden. Die Ausbildung der Jungmusikanten ist durch die Musikschule sehr gut, die Leistungen unserer jungen Leute sind hervorragend. Ich kann nur hoffen, daß sich viele junge Leute für die Musik entscheiden und sich trotz verlockender Freizeitangebote im Vereinsleben engagieren. Musik macht Freude und es ist gut, wenn diese Tradition aufrechterhalten wird, sie ist em wesentlicher Teil unseres Dorfes. In meiner 21 jährigen Amtszeit als Bürgermeister war ich immer gerne bei der Musikkapelle. Es war für mich immer ein Vergnügen und eine besondere Verpflichtung, an den Froben und Ausrückungen teilzunehmen und so einen weiteren Beitrag zur Dorfgemeinschaft zu leisten.

 Auszug aus dem „Musigblattl“, Ausgabe 1, Mai 1997

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